Plattdeutsche Sprache bunt inszeniert

Netter Einfall: Bei der „Vagelhochtied“ trugen alle hübsch kostümierten Niebüller Singvögel bunte Handschuhe an den Füßen. Foto: KÖHLER (2)


Artikel aus dem Flensburger Tageblatt vom 07.03.2011

Plattdeutsche Sprache bunt inszeniert
Singende Vögel, schießende Cowboys und tanzende Blumenmädchen beim 31. Niederdeutschen Spielgruppentreffen auf dem Scheersberg
Quern

Im Festsaal des Jugendhofs Scheersberg muss jeder Theaterbesucher auf Überraschungen gefasst sein: Da sitzen die jungen Darsteller mitten im Publikum oder auf Kissen vor der Bühne, da animiert Jasmin Jager die Anwesenden zu kollektivem Schütteltanz, da stehen die Gruppen nach jeder Aufführung dem Moderator Jann Rothberg und den Theaterfreunden Rede und Antwort, und alle deklamieren lautstark das Motto des Spielgruppentreffens „Platt is vull cool“.

Caroline Schwarz, Beauftragte für Minderheiten und Kultur des Ministerpräsidenten, ließ sich als Schirmherrin dieses Theater-Events am Wochenende sofort von der Begeisterung der jungen Teilnehmer anstecken. „Ich selbst habe als Kind beim Krippenspiel in Lübeck die Maria gespielt“, verriet sie. Verständlicherweise „ganz schön aufgeregt“ seien die Akteure vor ihrem Auftritt. Es gehöre wirklich Mut dazu, sich auf die Scheersberger „Bretter“ zu wagen und zu zeigen, was man kann. Jugendhof-Direktor Hartmut Piekatz unterstrich, wie wichtig es sei, die plattdeutsche Sprache lebendig zu erhalten, weil sie eine große Bedeutung für die Identifikation mit der Heimat habe.

Die Plattdeutsch-AG (Klassenstufen fünf bis acht) der Regionalschule Niebüll stellte zum Auftakt der Aufführungen Proben-Auszüge aus dem Kindermusical „De verdideldumdeite Vagelhochzeit“ vor. In Anlehnung an das Jahrhunderte alte Volkslied mit der Drossel als Bräutigam und der Amsel als Braut hat der Flensburger Theatermacher und Autor Michael Wempner eine plattdeutsche Version verfasst, Robert Hufnagel hat sie vertont. Die Spielleiterinnen Malene Gottburgsen und Hanne Jensen ließen eine bunte Schar von hübsch kostümierten Singvögeln auftreten. Zwei Stare ringen in der kleinen Dreiecksgeschichte um die Gunst ihrer gefiederten Angebeteten. Mit viel Spielfreude gingen die Darstellerinnen zu Werke und gaben singend zu verstehen: „Der Vogel, der nicht fliegen kann, bewegt sich wie ein Hampelmann.“

Malene Gottburgsen zog noch eine zweite Trumpfkarte aus dem Ärmel: In Kurzszenen unter dem Titel „Maleschen vör dat Fest“ brachte sie alle Schüler einer Niebüller Sprachenklasse auf die Bühne. Ein Drittel dieser Lernenden hat Wurzeln in Osteuropa, auf dem Balkan und im Kaukasus. Ihre Kenntnisse im Hochdeutschen sind gering. So gewann bei den Theaterproben das Niederdeutsche eine ungewohnte sozial-kulturelle Bedeutung: Indem jeder Schüler mit Migrationshintergrund plattdeutsche Texte erlernte und das Zusammenspiel trainierte, trug er zu seiner eigenen Integration bei.

Die Kindertheatergruppe Horstedt aus der Nähe von Husum ließ unter Leitung von Inga Matthiesen in ihrem Spiel „Super Fleud“ den Wilden Westen lebendig werden: Mit Zündplättchen geladene Spielzeug-Colts dienten dem Sheriff dazu, Gangstern den bei einem Postkutschenraub erbeuteten Sack mit Dollarnoten abzunehmen. Lustige Sketche unter dem Titel „Op den Hund kamen“ (Regie: Kathrin Wiesenberg) präsentierte die Nachwuchsgarde der Itzehoer Speeldeel. Und zum guten Ende ließen Heide Bachmann und Garnet Desler als gelungenes Ergebnis der neunten „Scheersberger Theaterwarksteed op Platt“ in beeindruckenden choreografischen Bildern ihre Blumenmädchen, Toreros und „Ferdinand de Paradiesbull“ tanzen und springen.
hjk


 Beeindruckende choreografische Bilder zeigten die Blumenmädchen rund um den Paradiesbullen Ferdinand, der den Stierkampf verweigerte.