Artikel aus den „Südtondern Nachrichten“ vom 16. April 2005 (do)

 

Diese Bilder sprengen ihren Rahmen

 

Mädchen und Jungen der Niebüller Realschule griffen zu Pinsel, Farbe und Gips

 

Beim Treppensteigen in der Niebüller Realschule sollte man sich Zeit lassen. Wer die Wände betrachtet, der bleibt erst einmal stehen und staunt anerkennend und amüsiert.

Sieben großformatige Bilder hängen hier und sprengen schier ihre Rahmen: Arme, Beine und auch mal ein Po ragen aus den Gemälden heraus. „Treppenhaus im Treppenhaus“ ist das Motto der Alltags‑Szenen: Mädchen schauen über ein Geländer, eines steigt die Treppe hoch, ein Junge lässt die Beine baumeln... Mit etwas Fantasie könnte man sich in Harry Potters Zauberer‑Schule „Hogwarts“ versetzt fühlen. Auch dort führen die Gemälde bekanntlich ein Eigenleben.

 

 

Den Anstoß zur Flurgestaltung gab die sehr selbstständige Schülervertretung der Realschule. Wir wollen unsere Schule bunter gestalten, meinten Lisa, Thoma, Eike und Sarah ‑ und baten kurzerhand Kunst‑Lehrerin Mechthild Gransow und Mitschüler um Unterstützung. Das Echo war riesig: 70 Mädchen und Jungen wollten mitmachen. Dies reduzierte sich auf 40, als klar wurde, dass nachmittags gearbeitet wird.

Die Schule ist bunter: Das macht der Kunst‑AG und Lehrerin Mechthild Gransow Spaß.

Mit 18 Schülern ‑ die anderen wurden auf das nächste Projekt vertröstet ‑ ging Mechthild Gransow für ein Schulhalbjahr ans Werk.

 

 

„Wir haben die großen Press‑Spanplatten mehrfach grundiert, Skizzen angefertigt und Gips‑Abdrücke von uns genommen“, erzählen die Sechst‑ und Siebtklässler. Auch Anne‑Merles Gesicht, Isa‑Maries Bein und Christines Hand sind so in die Schul‑Kunstszene eingegangen. „Es hat riesigen Spaß gemacht“, berichten die Mädchen.

Auch Kunst‑Theorie wurde vermittelt. Ausgangspunkt der Schulhaus-Verschönerung der war ein Bild des Bauhaus-Malers Oskar Schlemmer. Es zeigt eine Treppenhaus-Situation im Bauhaus.

 

 

Natürlich ohne herausragende Körperteile. Die waren jedoch im 17. Jahrhundert nicht unüblich: Die Kinder erfuhren, dass in barocken Bildwerken durchaus mal ein plastisch modellierter Fuß oder eine Hand herausschaut.

 Mechthild Gransow: „Wenn ihr in Süddeutschland seid, könnt ihr solche Gestaltungsmittel auch an Kirchendecken sehen“.

 

 

An den Nachmittagen, an denen die Bilder Form annahmen, waren auch Peggy Hansen und Catarina Jessel vom Wahlpflichtkurs Kunst der zehnten Klassen dabei. Dieser Kurs macht derzeit mit einer Ausstellung in der „Nordsee-Akademie“ in Leck von sich reden. Nun konnten die Großen den Kleineren hilfreich zur Seite stehen. Einfach war es nicht, die 2,50 mal 1,30 Meter großen Platten zu bewältigen. Auch der immer hilfsbereite Schul-Hausmeister Ralf Jensen brauchte noch Hilfe, um die Werke schließlich an die Beton-Wände zu bringen.

 

 

Für die beiden Mädchen aus dem Wahlpflichtkurs Kunst Zehnten und ihre Mitschüler ist vorerst noch keine kreative Pause angesagt. Sie sind mittendrin, mit ihrer Kunst-Lehrerin die Ausgestaltung der Stadthalle für den Abschlussball vorzubereiten. „Nordfriesische Nächte sind länger“ ist das Thema und regt die Phantasie der Jugendlichen mächtig an. Farblich verfremdetes Meeresgetier und Krabbenkutter werden eine Rolle spielen. Und einiges davon wird später mit Sicherheit auf Dauer das Haus schmücken - genauso wie die Treppenhaus-Bilder der „Schulhaus-Verschönerungs-Arbeitsgemeinschaft“. Ganz im Sinne der Erbauer des Schulzentrums, die dafür Raum ließen.